Samstag, 14. Oktober 2017

Rezension | "Grandhotel Angst" von Emma Garnier

Penguin | Broschiert | 320 Seiten | 14. August 2017 | 978-3328100881

"Das Gebäude lebt, mia cara, ich kann es spüren. In manchen Nächten, ich kann es atmen hören." // Seite 49

Italien, März 1899. Die junge Nell reist mit ihrem Mann Oliver an die ligurische Küste, um in Bordighera ihre Flitterwochen zu verbringen. Das Paar logiert im luxuriösen Grandhotel Angst. Nell ist von dem großartigen Gebäude, dem exotischen Hotelpark und dem Blick aufs funkelnde Meer fasziniert. Doch zu ihrer Überraschung kennt Oliver nicht nur bereits das Personal und einige Gäste, sie scheinen auch Geheimnisse zu teilen. Als ein Hotelgast überraschend verstirbt, beginnt Nell, nachzuforschen. Und stößt auf eine Geschichte von Schuld und Verrat – und auf eine unheimliche Legende, die sie in ihren Bann zieht. Bis sie plötzlich selbst im Verdacht steht, ein Verbrechen begangen zu haben ...

 
Grandhotel Angst ist mir in den letzten Wochen immer mal wieder über den Weg „gelaufen“: erst im Bloggerportal, dann in der Buchhandlung und letztlich wieder im Bloggernewsletter. Obwohl ich mich eigentlich erstmal auf andere Bücher konzentrieren wollte, haben mich Cover und Klappentext so neugierig gemacht, dass ich einfach nicht widerstehen konnte und das Buch unbedingt haben und lesen wollte.
 
Im Großen und Ganzen muss ich allerdings sagen, dass mich das Buch doch ernüchtert zurückgelassen hat. Die Vergangenheit, die Beschreibungen von Italien und das wundervoll mysteriöse Hotel sind eine tolle Kulisse, die die Autorin mühelos in Szene setzen konnte. Es ergibt ein schönes Gesamtbild und das Setting hat mich wirklich nahezu umgehauen. Es ist toll beschrieben, verschiedene Szenen hatte ich problemlos vor Augen, obwohl ich sehr selten Romane lese, die in dieser Zeit spielen. Allerdings wirkten die Geschichte und die Charaktere in der Ausarbeitung dagegen relativ schwach und blass und konnten sich beim Vergleich mit der "Plotwelt" nicht wirklich behaupten.

Ich hatte mir nämlich unheimlich viel von dem Plot versprochen. Der Klappentext war toll: ein unheimliches Hotel, ein mysteriöser Ehemann und eine spannende Mordgeschichte. Vor allem, als dann noch von Fluch und Heimsuchung die Rede war, war ich direkt hin und weg. Ich habe mich sehr auf einen Krimi mit leichten Mystery-Momenten, paranormalen Passagen oder Schauerszenen gefreut – was aber leider nicht allzu lange anhielt. Man muss dazu sagen: Der Plot war solide aufgebaut, recht logisch und hat auch einige kleine Spannungsmomente zu bieten. Doch mir persönlich war das viel zu unterschwellig. Gerade diese kleine Geistergeschichte hätte so gut und gruselig werden können. Die Story hatte so viel Potenzial, aber leider geht sie im Gefühls-Wirrwarr der Hauptprotagonistin Nell ganz schön unter. Sie hätte so viel Bewegung und Dynamik in die Geschichte bringen können, durch das einfache Hinterfragen von Olivers Vergangenheit oder seinen Tätigkeiten im Hotel. Zusätzlich muss ich sagen, dass ich das Ende so, wie es in Grandhotel Angst geschildert wurde, einfach nicht gebraucht hätte. Gerade den Epilog "Ein Jahr später" fand ich wirklich unnötig. Vor allem diese "locker" und plötzlich hinzugeschriebene Liebesgeschichte wirkte da meiner Meinung nach wirklich fehl am Platz. Dann hätte ich mir lieber einen ausführlicheren Schluss gewünscht, der nicht so abrupt geendet hat und mit ein bisschen mehr Drumherum und spannendem Aufbauschen sicher fesselnder gewirkt hätte.

Mit Nell hatte ich sehr große Probleme warm zu werden, denn ich empfand sie durchweg eher als schwierigen, statt als liebenswürdigen Charakter – was im Übrigen auch für ihren Mann Oliver gilt. Was mich an Nell vordergründig gestört hat, war ihr Wankelmut. Die naive, zerbrechliche, junge Dame habe ich ihr im Bezug auf das Jahr 1899 anfangs sehr gut abgenommen. Auch dass sie sich vor dem Hotel fürchtet und verschiedene Personen in der Geschichte ihre Hysterie gekonnt füttern. Aber so wirklich geradlinig wirkte Nell im Laufe des Plots so überhaupt nicht. Sie entscheidet sich dauernd um, legt verschiedene Charakterzüge an den Tag, die sich meiner Meinung nach, meist widersprechen und benutzt sehr selten ihren Verstand – der ihr in der ein oder anderen Situation sicher Kummer erspart hätte. Mir fiel es sehr schwer, eine Bindung zu ihr aufzubauen, denn wenn ich das Gefühl hatte, sie endlich zu verstehen, hat sich das auch schon wieder in Luft aufgelöst. Gerade, weil ich immer wieder versucht habe, sie zu verstehen und ihre Gedankengänge nachzuvollziehen, hat das von dem eigentlich Plot und den Spannungsmomenten abgelenkt und bei mir auch nicht wirklich eben jene Spannung aufkommen lassen.

Ihren Ehemann Oliver fand ich aufgrund seiner mysteriösen Ausgestaltung und seiner Geheimnisse ja anfangs auch noch sehr interessant. Aber auch seine Figur entwickelt sich im Laufe der Geschichte in eine Richtung, die mich nicht begeistern konnte; eigentlich wirkte er die meiste Zeit recht unsympathisch, unhöflich und verschlossen. Vor allem weil das für den Leser so vollkommen deutlich war, hat es mich noch mehr überrascht und verwundert, wie lange Nell gebraucht hat, um ihn und seine Geheimnisse zu hinterfragen und ihm zu misstrauen.

Emma Garniers Schreibstil hat mir dagegen sehr gut gefallen. Wie oben schon geschrieben erzählt sie die Geschichte des Hotels, den Fluch und die allgemeine Umgebung so schön und spielend für den Leser, dass ich mich trotz den schwächelnden Plots doch sehr wohl in der Geschichte gefühlt habe.

Emma Garniers Werk Grandhotel Angst hat mich nicht besonders überzeugen können. Pluspunkte konnte die Autorin bei mir definitiv mit ihrem Schreibstil und der Kulisse sammeln, was mich auch hundertprozentig begeistert hat. Allerdings hat sie es nicht geschafft, mich mit ihrem Plot und den Charakteren abzuholen. Beides wirkte auf mich unausgearbeitet und langatmig, weswegen ich dem Buch wackelige 3 Sterne vergebe.


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Vielen Dank an den Penguin Verlag für das Rezensionsexemplar.
Habt ihr Grandhotel Angst schon gelesen?
Steht es auf eurer Wunschliste?
Ich wünsche euch ein schönes Wochenende!

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Das Urheberrecht des Klappentextes unterliegt dem Penguin Verlag.
Das Urheberrecht des Titelbilds unterliegt einzig und allein der Blogredaktion.

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